Routenbeschreibung
Der Küstenweg oder auch Camino del Norte genannte Jakobsweg führt im Norden von Spanien von Irun, an der Grenze zu Frankreich, dem Meer entlang Richtung Santiago de Compostela und ist ca. 850 km lang. Dabei verläuft der Weg vielfach direkt am Meer, sei es der Steilküste entlang oder direkt am Sandstrand. Trotz aller Schönheit ist zu erwähnen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Route auf Asphalt verläuft. Zudem hat der Camino del Norte reichlich Höhenmeter zu bieten. Ca. 200 km vor Santiago de Compostela verlässt der Weg die Küste und biegt ins Landesinnere ein. Bekannte Grossstädte entlang dieser Route sind Bilbao, Santander oder Gijón. Nur ca. 6 % der Pilger wählen diesen Weg, der Grossteil wählt den Camino Francés, welcher weiter südlich verläuft. Meine Wahl fiel auf den Camino del Norte, da mir der Camino Francés bereits bekannt war, mich die Landschaft entlang der Küste reizte und Pilgermassen nicht so meine Sache sind. Aus zeitlichen Gründen bin ich in Bilbao gestartet, dennoch blieben 702 km und 14630 Höhenmeter zu bewältigen. Auf der Karte ist die Route anhand der aufgezeichneten GPX Daten aufgeführt.
Vorbereitung
Bei der Vorbereitung konnte ich auf reichlich Erfahrung zurückgreifen, 2009 bin ich den Jakobsweg von Einsiedeln nach Santiago gegangen. Ein wichtiges Thema ist das geeignete Gepäck bzw. dessen Gewicht. Gegenüber vor 10 Jahren wurde nur beim Regenschutz eine grosse Änderung vorgenommen. Statt einer klassischen Regenhose und Regenjacke entfiel die Entscheidung auf eine Regenpelerine und Gamaschen. Eine sehr gute Entscheidung, wie sich nachträglich herausstellte. Zudem wollte ich diesmal nicht auf moderne Kommunikationsmittel verzichten und hatte so das Smartphone dabei. Dies ergab nochmals eine nicht unerhebliche Gewichtsersparnis, da der Reiseführer und das Stundenbuch in digitaler Form dabei waren. Das Zielgewicht ohne Verpflegung war 8 kg. Nach dem Testpacken wurden 7950 g auf der Wage angezeigt, eine Punktlandung.
Die Tagesetappen wurden vorab per Komoot geplant, ca. 85 % des Weges verlief auf der offiziellen Route. Einige Male fiel die Entscheidung jedoch auf alternative Varianten, sei es wegen der Natur oder einfach um den Asphalt zu meiden. Die Auswahl der Unterkunft war bei der Ankunft angedacht, mehrheitlich in Herbergen. Jedoch stellte ich bereits am ersten Abend fest, dass es kaum eine Kommunikation untereinander gab, die ca. 6–8 Pilger beschäftigen sich ausschliesslich mit dem Smartphone. Daher gab es eine kleine Umdisponierung und Hotels standen mehr im Fokus. Ehrlicherweise ist zu erwähnen, dass ich dem Mehr an Komfort und Ruhe nicht abgeneigt war.
Auf dem Camino del Norte
Der Start verlief sehr gut und ich fühlte mich ziemlich fit, wohl auch durch die vielen E-Bike-Kilometer die Wochen davor. Die Landschaft entlang der Küste war ein Traum und zum Geniessen trotz des eher miesen Wetters und dem teilweise sehr starken Wind. Die Regenpelerine bewährte sich jedoch top und auch nach einem ganzen Tag im strömenden Regen waren die Kleider nach Zielankunft trocken. Das Wetter bliebe den ganzen Weg wechselhaft, umso mehr wurden die sonnigen Abschnitte geschätzt.
Nach einige Tage bekam ich unglücklicherweise starke Schmerzen im linken Knie. Das Gehen wurde zu Qual und die Komfortzone musste zwangsläufig verlassen werden. In einer Apotheke versorgte ich mich mit möglichst starken Medikamenten, aber trotz maximaler Dosierung zeigten diese keine nennenswerte Wirkung. So warnen ungefähr 18 Tage ein enormer Kampf mit dem inneren Schweinehund. Etliche Male sass ich bei Pausen wie ein Häufchen Elend unter irgendeinem Baum und war mir alles andere als sicher, das Ziel noch zu erreichen. Der Tag der Besserung bleibt bestens in Erinnerung. Um eine Hirtenhütte zu fotografieren und um eine bessere Perspektive zu haben, kniete ich mich ins Gras. Offenbar direkt auf irgendein Kraut, ich weiss nicht, was es war, auf jeden Fall keine Brennnesseln. Sofort machte sich ein Brennen und kurz darauf Betäubungserscheinungen bemerkbar. Super, jetzt spürst du wenigstens den stechenden Schmerz nicht mehr, dachte ich bei mir. Nach dem Abklingen der Betäubung war dieser erheblich geringer und verschwand bald darauf ganz. Ob nun dieses Kraut dafür verantwortlich ist oder das Timing einfach Zufall war, ist schwer zu beurteilen, auf jeden Fall bleibt genau deshalb die Erinnerung an diesen spezifischen Zeitpunkt.
Ankunft in Santiago
Von da an war das Gehen von neuem ein Vergnügen und man konnte die Landschaft um sich herum wieder voll und ganz aufnehmen. Kurz vor Santiago biegt der Weg in den Camino Francés ein und man ist augenblicklich aus der Ruhe herausgerissen mitten im grossen Pilgerstrom. Irgendwie kam ich mir da als nicht dazugehörig vor, aber Santiago war schnell erreicht. In der Kathedrale von Santiago fanden gerade grosse Renovierungsarbeiten für das heilige Jahr 2021 statt und man musste sich den Weg zum Grab des Hl. Jakobus um Baugerüste herum bahnen. Eigentlich fühlte ich mich erst nach der Ankunft in Santiago so richtige bereit, den Pilgerweg zu starten und wäre gerne noch weitere Tage unterwegs gewesen. Aber der wahre Pilgerweg namens Leben geht ja weiter und dafür konnte ich neue Kraft und Motivation schöpfen. Insbesondere rückblickend, glücklicherweise wusste ich 2019 noch nicht, was auf mich, auf uns, zukommt.
Hier einige visuelle Eindrücke des Camino del Norte:
- Kompaktkamera Sony RX100M6
- Aufnahmeformat RAW (ARW)
- Nachbearbeitung in Lightroom
- Weitere Informationen zum Camino del Norte auf Jakobsweg.de